Jede medizinische Maßnahme – außer bei unmittelbar notwendigen Rettungsmaßnahmen – bedarf Ihrer Einwilligung als Patientin bzw. Patient. Liegt keine Vorsorgeregelung (Gesundheitsvollmacht oder Patientenverfügung) vor und können Sie sich selbst z. B. aufgrund von Unfall oder Krankheit nicht mehr äußern, muss im Notfall unter Umständen eine rechtliche Betreuung per Schnellverfahren beim Betreuungsgericht angeordnet werden.
Nur mit einer rechtskonformen Patientenverfügung kennen Ärztinnen und Ärzte Ihren Patientenwillen bzgl. beispielsweise lebenserhaltenden Maßnahmen, Schmerz- und Symptombehandlungen, künstliche Beatmung, Dialyse, oder Reanimation und müssen sich gesetzlich daran halten. Die Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, medizinische Behandlungen abzulehnen oder zu akzeptieren, damit diese mit Ihren eigenen Wertvorstellungen vereinbar sind – selbst dann, wenn Sie nicht mehr ansprechbar sind. So kann im Notfall nicht nur schnell nach Ihren Bedürfnissen gehandelt werden, sondern Sie entlasten auch Ihre Angehörigen, da diese in emotionalen Ausnahmesituationen keine mutmaßlichen Entscheidungen treffen müssen und Klarheit über Ihren Willen haben.
In Kombination mit einer Vorsorgevollmacht können Sie Ihre Vertrauensperson festlegen, die u. a. Ihren Patientenwillen in der Patientenverfügung gegenüber medizinischen Personal durchsetzen darf und rechtlich legitimiert ist, z. B. Auskunft zu Ihrem Gesundheitszustand zu erhalten oder die Herausgabe der Krankenakte an eine dritte Person zur Einholung einer Zweitmeinung zu bewilligen. Daher empfehlen Juristinnen und Juristen eine Patientenverfügung immer mit einer Vorsorgevollmacht zu ergänzen.
Hinweis: Das Bundesjustizministerium empfiehlt, die Patientenverfügung alle 12 Monate zu prüfen und ggf. an Ihre geänderten Wertvorstellungen anzupassen. Entwicklungen im medizinischen Fortschritt wie auch Neuerungen im Patientenrecht machen die Patientenverfügung zusätzlich zu einem „lebendigen Produkt“.
Ärztinnen und Ärzte müssen bei allen medizinischen Maßnahmen – außer bei unmittelbaren Rettungsmaßnahmen – die Einwilligung der Patientin bzw. des Patienten einholen. Liegt dann keine Patientenverfügung vor, berät sich das medizinische Personal mit der in Ihrer Vorsorgevollmacht bevollmächtigte Vertrauensperson. Ist auch keine Vorsorgevollmacht vorab erstellt worden, muss geprüft werden, ob das „Ehegattennotvertretungsrecht" Anwendung findet. Dieses regelt eine Vertretung unter Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartnern ausschließlich für den Gesundheitsbereich für eine maximale Dauer von sechs Monaten.
Greift das „Ehegattennotvertretungsrecht" nicht, ist die sechsmonatige Frist zu Ende und liegen weder Vorsorgevollmacht noch Patientenverfügung vor, muss von Gerichts wegen per Eilverfahren eine gesetzliche Betreuungsperson bestellt werden. Vorzugsweise sind das Angehörige, die aber dann bei jeder Entscheidung vor dem Gericht Rechenschaft ablegen müssen. Im schlimmsten Fall trifft eine fremde Betreuungsperson in Absprache mit dem medizinischen Personal lediglich anhand Ihres mutmaßlichen Willens weitreichende Entscheidungen.
Das BGH-Urteil vom 25. Juni 2010 (2 StR 454/09) hat bestätigt, was straf- bzw. arztrechtlich immer schon als Grundsatz galt:
Jede medizinische Maßnahme (wenn sie begonnen oder auch wenn sie fortgesetzt wird) bedarf Ihrer Einwilligung als Patientin bzw. Patient oder die Einwilligung Ihrer rechtlichen Vertretungsperson. Jede Heilbehandlung und jeder Eingriff gegen Ihren Willen stellt juristisch einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz dar und könnte laut § 223 Strafgesetzbuch den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen. Das bedeutet, wenn Sie aufgrund von z. B. Unfall oder Krankheit nicht mehr ansprechbar sind, können Ärztinnen und Ärzte – außer bei unmittelbaren Rettungsmaßnahmen – nicht ohne Ihre Einwilligung handeln. Im besten Fall haben Sie dann Ihre Wünsche bzgl. medizinischen Maßnahmen vorab in einer Patientenverfügung festgelegt. Da diese für medizinisches Personal rechtlich bindend ist, muss vor z. B. Operationen geklärt werden, ob eine Patientenverfügung vorliegt.
Deshalb ist es auch so wichtig, die Patientenverfügung so präzise und situationsbezogen wie möglich zu gestalten, um medizinische und rechtliche Auslegungsmöglichkeiten zu vermeiden. Nur so können Sie die eigene Selbstbestimmung auch in Notsituation wahren.
Eine Patientenverfügung reicht aus, wenn Sie grundlegende Wünsche z. B. zu lebenserhaltenden Maßnahmen, Wiederbelebung und konkreten medizinischen Behandlungen im Notfall festlegen möchten.
In manchen Fällen reicht eine Patientenverfügung allein jedoch nicht aus. Dies kann der Fall sein, wenn Ihre bevollmächtigte Vertrauensperson und die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt z. B. unterschiedlicher Meinung über Behandlungsmaßnahmen und Auslegung des von Ihnen geäußerten Willens in der Patientenverfügung sind. Dann darf Ihre Vertrauensperson nur mit einer Vorsorgevollmacht Ihre Wünsche und Bedürfnisse auch rechtlich durchsetzen. Zudem ist sie legitimiert Auskunft zu Ihrem Gesundheitszustand zu erhalten und Ihre Krankenakte für z. B. eine ärztliche Zweitmeinung an Dritte herauszugeben.
Deshalb empfehlen Juristinnen und Juristen eine Patientenverfügung immer mit einer Vorsorgevollmacht zu ergänzen.
Die Patientenverfügung ist so lange gültig bis Sie diese widerrufen. Ein Widerruf Ihrer Patientenverfügung oder eine Änderung Ihres Patientenwillens ist jederzeit möglich.
Die jährliche Erneuerung einer Patientenverfügung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Juristinnen und Juristen sowie das Bundesjustizministerium empfehlen jedoch eine regelmäßige Kontrolle der Patientenverfügung und der darin getroffenen Regelungen. Aufgrund von möglichen Neuerungen im Patientenrecht sowie Änderungen der persönlichen Ansichten gilt die Patientenverfügung als „lebendiges Produkt“.
Gem. §§ 1827, 1829 BGB ist Ihre Patientenverfügung für Ärztinnen bzw. Ärzte und medizinisches Pflegepersonal rechtlich bindend. Gleiches gilt für bevollmächtigte Vertrauenspersonen, Ehepaare und Ihre Familie. Sie dürfen sich nicht über den von Ihnen in der Patientenverfügung geäußerten Willen hinwegsetzen, selbst dann nicht, wenn Sie durch Ihre gewünschte medizinische Maßnahme schneller versterben sollten.
Für die Gültigkeit und die Praxistauglichkeit der Patientenverfügung muss beachtet werden, dass sie konkret ausformuliert, situationsbezogen und umsetzbar sein muss (Az. XII ZB 61/16). Allgemeine Hinweise zum Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen genügen nicht, so das Gericht.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die eigene Entscheidung für oder gegen eine Organspende schriftlich zu dokumentieren. Sie können zum Beispiel einen Organspendeausweis ausfüllen. Die Entscheidung kann aber auch in einer Patientenverfügung rechtssicher bekundet werden. Beides sind gleichwertige, rechtlich verbindliche Dokumente, die im Fall der Fälle berücksichtigt werden müssen.
Sollte sowohl ein Organspendeausweis sowie zusätzlich eine Organspendeerklärung innerhalb der Patientenverfügung vorhanden sein, so gilt das zuletzt Entschiedene, um den mutmaßlichen Willen zu erforschen. Die Bundesregierung arbeitet weiterhin an einer Reform zur Organspende und an der Umsetzung der Widerspruchslösung. Diese soll vorsehen, dass jeder Bundesbürger Organspender wäre, außer es erfolgt zu Lebzeiten ein Widerspruch.
Seit dem 18.03.2024 kann die Einwilligung oder Ablehnung zur Organspende freiwillig und kostenlos beim offiziellen Organspende-Register registriert werden. Diese Registrierung kann alleinstehend oder parallel mit einem Organspendeausweis und / oder einer Patientenverfügung erfolgen. Es soll medizinischem Personal einen noch schnelleren Einblick bieten, ob Patientinnen und Patienten einer Organspende zustimmen oder sie ablehnen. Und es soll vor allem dem Mangel an Spenderorganen in Deutschland auf lange Sicht entgegenwirken.
Ihr festgelegter Wille zur Organspende kann für alle drei Optionen selbstverständlich jederzeit geändert oder widerrufen werden.